Muss die Stecker-PV wirklich an eine spezielle Energiesteckdose angeschlossen werden?
Auch in dieser Frage herrscht Uneinigkeit. Es gibt zwei verschiedene Steckvorrichtungen, die zum Anschluss von Stecker-PV im Raum stehen. Zum einen der sonst übliche Schutzkontaktstecker (Schuko-Stecker) oder der Wieland RST20i3-Stecker.
Der VDE und damit auch die meisten Netzbetreiber fordern den Anschluss von Stecker-PV mit dem Wieland RST20i3-Stecker. Die DGS sagt dazu: „Grundsätzlich endet die Zugriffsmöglichkeit des Netzbetreibers hinter dem Zähler, soweit keine Änderungen der technischen (elektrischen) Gebäudeausrüstung selbst vorgenommen werden. Damit liegt die Frage, ob das Solar-Gerät fest, mit Schuko- oder nach DIN VDE 0628-2 (mit Wieland RST20i3-Stecker) angeschlossen wird außerhalb der Zuständigkeit des Netzbetreibers“ [DGS18].
Gestützt wird diese Aussage durch den Juristen Dr. Jörn Bringewat, der bezüglich der Nutzung von Schuko-Steckern bei Stecker-PV folgendes schreibt: „Wird in der (Vor-)Norm 0100-551 zum jetzigen Zeitpunkt (Okt. 2017) eine spezielle Steckvorrichtung zum Einstecken von PlugIn-PV-Anlagen gefordert, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die Nutzung von SchuKo-Steckern ein relevanter Verstoß gegen diese Norm begründet. Technische Normen entwickeln aus sich selbst heraus im Übrigen keinen „Verbotscharakter“ (ein Verstoß gegen technische Normen führt also nicht zwingend dazu, dass die gegen die Norm verstoßende Handlung „verboten“ ist, wie es häufig zu lesen ist). Technische Normen werden ordnungsrechtlich erst relevant, wenn der Gesetzgeber – wie bspw. in § 49 Abs. 2 EnWG oder in den Landesbauordnungen – einen gesetzlichen Anwendungsbefehl setzt. Dann führt ein Verstoß gegen die so faktisch zum unmittelbaren Ordnungsrecht erhobene technische Norm zur Rechtswidrigkeit der entsprechenden Handlung – es sei denn, dieser Nachweis ist immer zulässig, dass das mit der Norm verfolgte technische (Sicherheits-)Ziel auch durch andere Umstände erzielt wird. Die von der Norm 0100-551 gefordert besondere Einsteckvorrichtung bezweckt, abstrakt generell zu gewährleisten, dass immer sichergestellt ist, dass kein Strom an den Kontakten der Anlage anliegt, um Menschen vor Stromschlag zu schützen. Wenn allerdings, wie bei vielen PV-Modellen, der verbaute Wechselrichter diese Funktion bereits erfüllt, stellt diese spezielle Einsteckvorrichtung nur noch ein redundantes Sicherheitsmittel dar. Sie ist damit nicht erforderlich und in der Norm nur erwähnt, da diese eben auch PV-Modelle anspricht, deren Wechselrichter den dargestellten Sicherheitsstandard nicht erfüllt.“ [Bri19]
Das heißt wenn der Wechselrichter die Spannung automatisch abschaltet, wenn man die Stecker-PV vom Stromnetz trennt, kann man die Stecker-PV auch mit einem Schuko-Stecker anschließen. Diese Funktion erfüllen alle Wechselrichter, die die Norm VDE-AR-N 4105 einhalten.
Wissenschaftler des Fraunhofer ISE kommen in einer Studie zu Stecker-PV zu dem Ergebnis: „Aus Sicht der Gutachter ist eine Forderung nach Spezialsteckern / Spezialsteckdosen nicht unbedingt notwendig, da handelsübliche Wechselrichter eine sofortige schnelle Abschaltung gewährleisten, wenn die Anlage vom Stromnetz getrennt wird.“ [Erg19]
Auch Yuma bestätigt, dass die Verwendung von Schuko-Steckern zulässig ist: „Ja, du darfst eine vorhandene Schuko-Steckdose für den Anschluss der Mini-Solaranlage verwenden. Steckdose und Hausnetz müssen in diesem Fall die aktuellen technischen Anforderungen erfüllen. Wenn du unsicher bist, kannst du hierfür einen “E-Check” durch einen Elektriker durchführen lassen, welcher die Steckdose, die Stromleitung und die Absicherung überprüft.“ [Yum21]
Wenn allerdings eine neue Außensteckdose für das Stecker-Solargerät installiert werden muss, ist die Verwendung einer Wielanddose zu empfehlen.
Zusammengefasst: Wenn der Wechselrichter die Norm VDE-AR-N 4105 einhält, ist sichergestellt, dass durch die Verwendung des Schuko-Steckers kein Sicherheitsrisiko besteht. Der VDE und die Netzbetreiber fordern in der Regel dennoch den Anschluss von Stecker-PV mit einem Wieland RST20i3-Stecker, vermutlich um zu verhindern, dass Guerilla-PV unkontrolliert und von jedem installiert wird. Inwieweit die Forderung nach der Wielanddose rechtlich haltbar ist, ist nicht eindeutig.
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Marco
Herzlichen Dank für den gelungenen Beitrag. Die Miteinbeziehung von allen Dachflächen beim Neubau wie Carports, Pergolas etc. für die Errichtung von PV-Anlagen wird in Zukunft immer wichtiger. Haben Sie sich schon mal die PV Projekte für PV Carports und PV Dächer von http://www.pvcarport24.de angeschaut? Dort werden transparente PV Module mit Zulassung für Überkopfverglasung verwendet.
Torsten Maier
Ich hab grad ein richtig gutes Video dazu gefunden. Dort kann jede:r sehen, wie einfach so ein Balkon-PV-Modul montiert und angeschlossen wird.
Link:
https://www.youtube.com/watch?v=iX1-uklAmwI&ab_channel=Sonnenw%C3%A4rmeDirektGmbH
Julius
Die Effektivität einer solchen Anlage hängt ja auch sehr von der Region ab, in der man lebt. Gibt es denn für Deutschland eine detaillierte Übersichtskarte, anhand der man die durchschnittliche jährliche Sonneneinstrahlung an seinem Wohnort prüfen kann?
Til Stricker
Hallo Julius,
Das ist richtig. Der Anlagenstandort ist einer von mehreren Einflussfaktoren auf den Anlagenertrag. Vom deutschen Wetterdienst werden Strahlungsdaten in einer Karte aufbereitet. Die jährliche Globalstrahlung in 2020 für Deutschland findest du hier: Link
Die Globalstrahlung ist aber nur die Einstrahlung auf die horizontale Erdoberfläche. Für den Anlagenertrag spielen noch die Ausrichtung und Neigung der Module, sowie der Wirkungsgrad und die Verschattungssituation eine Rolle. Um den Ertrag einer Stecker-PV abzuschätzen, kann man besser folgende Karte mit dem spezifischen Anlagenertrag verwenden. Link: https://www.umwelt-campus.de/institute/institut-fuer-betriebs-und-technologiemanagement/aktuelles/neue-ertragsstudie-fuer-pv-dachanlagen-fuer-2020-veroeffentlicht
Dieser dort dargestellte spezifische Ertrag gilt für eine optimale Ausrichtung nach Süden und 30° Neigung. Dieser Wert muss dann mit dem Korrekturwert der Abweichung von dieser optimalen Ausrichtung multipliziert werden. Den Korrekturwert kannst du hier ablesen: https://www.ac-solartechnik.de/solaranlagen-ausrichtung-wirkung.html
Die Ausrichtung und Neigung hat einen deutlich größen Einfluss auf den Anlagenertrag als der geografische Standort. Deshalb kann man für Deutschland aus Daumenwert mit einem spezifischen Ertrag von 1000 kWh/kWp gut rechnen. Diese Annahme habe ich in meiner Wirtschaftlichkeitsberechung auch verwendet. Die Abweichung davon in der Realität wird nicht besonders groß sein.
Und das zeigt, dass Stecker-PV in ganz Deutschland finanziell lukrativ ist, auch im Norden.
Helen
Hallo,
das ist ein sehr informativer Artikel, verständlich und locker geschrieben und ein hilfreicher Weg, um Leute, die sich nicht alltäglich damit befassen, über solche Möglichkeiten zu informieren und zu ermutigen. Tatsächlich war mit der Begriff “Guerilla-PV” zuvor nicht geläufig.
Am besten gefällt mir euer Einleitungssatz: “Wie wäre es, wenn sich einfach jeder zum Beispiel im Baumarkt ein paar Photovoltaikmodule kaufen und diese in die Steckdose stecken könnte, um damit seinen eigenen Solarstrom zu produzieren – so ohne Fremdhilfe und viel Aufwand?”
Die Betonung liegt auf einfach, ohne Fremdhilfe und viel Aufwand. ; )
Ich bin offen dafür, in Eigenregie selbst einen Beitrag zur Energiewende beitragen zu können. Die Frage ist oft, wo fängt es an und wo hört es auf?
Es ist sehr bemerkenswert, dass ihr in eurem Artikel sozusagen die Bauanleitung für die Installation einer Mini-PV-Anlage sehr ausführlich und recht allumfassend erklärt und auch belegt, sodass man gefühlt als nächstes sich Online so ein Ding bestellen möchte und loslegen will. Doch so “einfach” finde ich das dann doch alles nicht. Ich als Amateur in E-Technik und Co. traue es mir nicht zu, einfach so eigenverantwortlich in das Stromnetz einzugreifen und all diese Bestimmungen und Regulatorien zu überblicken (und die technischen Voraussetzungen). Denn ich finde am Ende sollte das schon alles rechtmäßig und legal! vonstatten gehen. Daher hier meine Überlegung, diese Installation der Mini-PV-Anlage einfach zukünftig als Dienstleistung anzubieten für Leute, die sich dafür interessieren und begeistern (und da gibt es glaube ich eine Menge) es sich nur nicht trauen, selbst in die Tat umsetzen.
Ich kann es vollkommen nachvollziehen, dass sich die Netzbetreiber xy auch nur ungern in ihr “Handwerk pfuschen” lassen wollen. Daher finde ich es vollkommen legitim, dass es für den Ottonormalverbraucher zumindest gewisse Richtlinien gibt, an die er sich halten soll, damit eben nicht jeder, der sich ggf. auch selbst überschätzt, sich einfach so an einer Mini-PV-Anlage (o.ä.) und besonders! im Stromnetz zumeist einer Hausgemeinschaft, austoben kann (Brandgefahr und Co).
Mir ist noch aufgefallen, dass ihr in dem Artikel für meinen Eindruck vglw. viele Unterstellungen aufgebt, wie z.B. “Energiewende von unten im Keim ersticken” oder “Betonklötze ans Bein gebunden, um die Energiewende von unten zu verhindern” u.a.. Ich finde das sind reine Mutmaßungen und leiten die Stimmung im Artikel manchmal zu einem passiv-aggressiven Unterton. Na klar sollte in Deutschland viel mehr angegangen werden, was die Umsetzung der Energiewende anbelangt, aber deswegen stets nicht belegte Aussagen zu treffen finde ich unpassend. Vielleicht gibt es eben auch diese vielen Richtlinien, da wir nun mal in Deutschland leben und weil so etwas wie selbst etwas ins Stromnetz einspeisen und weiteres bisher einfach noch nicht zur Sprache kam und einfach keine gängige Praxis ist. Und ja, jeder hat nunmal zunächst Bedenken vor Veränderung. Ich fände es viel besser, wenn es “von oben” einfach Reglungen gäbe bspw. für Vermieter der Häuser (warum muss jeder Mieter selbst tätig werden und sich so ein Ding an den Balkon basteln). Natürlich steht die Verantwortung auch bei jedem einzelnen, nur finde ich sind das doch oft nur Tropfen auf einen heißen Stein, zumindest wenn man der Meinung ist – nur weil ich jetzt eine Mini-PV-Anlage an meiner Wohnung installiert habe, kann ich jetzt sagen, ein effektiven Beitrag zur Energiewende beizutragen- ich weiß, dann kommt das Argument, wenn es aber nicht nur einer macht, sondern dann eben mehrere, hat das doch bereits eine viel größere Auswirkung. Das mag stimmen. Solange es von Seiten der Politik (und die wird ja von der Gemeinschaft gewählt, also sind am Ende auch wieder wir und der einzelne Bürger daran beteiligt) allerdings keine allumfassenden Auflagen gibt, sehe ich das alles zwar für einen kleinen Teil der Bevölkerung ganz schön und gut. Am Ende wird meiner Meinung nach davon aber auch nicht die Welt gerettet. Natürlich kann jedermann (und jedefrau) sich als Bestreiter der Energiewende sehen, das wird aber auch nichts daran ändern, dass es einfach zu viele Menschen auf der Welt gibt. Und wie viele davon, außer in den Industrienationen, können es sich leisten sich individuell am Balkon eine Mini-PV-Anlage anzubauen?
Ich bemerke gerade, dass mein Kommentar etwas vom Text abgeschweift. Aber im Endeffekt ist genau das meine Meinung.
Es ist super schön, wenn der Zugang zu erneuerbaren Energien weiterhin ausgebaut wird und wenn es Menschen gibt, die für sich selbst das Ziel haben möglichst “klimaneutral” zu leben und dafür brennen. Aber am Ende muss man halt auch über seinen eigenen Tellerrand hinausblicken und sehen, dass Deutschland als wohlhabendes Industrieland mit Zugang zu solchen Techniken, Bildung und Co. nur einen verschwindend geringen Teil an der Weltbevölkerung ausmacht und somit auch zur “Verbesserung” des Klimas.
Vielen Dank für den Artikel und euer Engagement, die Umsetzung der Energiewende unter das allgemeine Volk zu bringen!
Viele Grüße
Til Stricker
Hallo Helen,
Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Da du mehrere Punkte ansprichst, möchte ich mich nun nacheinander dazu äußern.
Punkt 1: “Amateur in E-Technik”:
Im Grunde genommen könnte es ganz einfach sein: man kauft eine Stecker-PV mit fertigem Anschlusskabel, steckt diese in eine normale Steckdose wie jedes andere Haushaltgerät auch und ist fertig. Aus technischer Sicht ist das ja auch heute schon möglich. In Österreich ist das auch schon “legal” möglich. Nur werden in Deutschland regulatorische Vorgaben gemacht (die aus technischer Sicht nicht notwendig wären), um genau das zu verhindern.
Punkt 2: “Stecker-PV als Dienstleistung”:
Natürlich geht das auch heute schon. Du kannst jeden Elektrofachbetrieb darum bitten, dir eine Stecker-PV z.B. am Balkon zu installieren. Das ist dann in jedem Fall “regelkonform”, da dieser dann auch die spezielle Einspeisedose installiert und die nötigen Anmeldungen vornimmt. Allerdings lässt er sich das wahrscheinlich gut bezahlen, wodurch die Wirtschaftlichkeit der Anlage deutlich leiden wird. Wenn es dir aber nicht ums Geld geht, sondern primär um Klimaschutz, dann empfehle ich jedem diesen Weg.
Punkt 3: “Legalität”:
Natürlich wäre es mir auch lieber, wenn die Stecker-PV ohne spezielle Einspeisedose und ohne Anmeldung auch in Deutschland ohne rechtliche Unsicherheiten “legal” wäre. In europäischen Nachbarländern wie den Niederlanden, Österreich und in der Schweiz ist es das bereits. Man müsste in Deutschland nur mal endlich die EU-Richtlinien umsetzen.
Punkt 4: “passiv-agressiver Unterton”:
Natürlich sind diese Außerungen mehr oder weniger Mutmaßungen und überspitzte Formulierungen. Kein Netzbetreiber würde das öffentlich so direkt behaupten. Dafür ist es ja auch ein Blogbeitrag und kein Artikel in einer Fachzeitschrift. Aber der Vergleich der aktuellen deutschen Regelungen zu denen anderer europäischer Nachbarländer zeigt, dass die Grundaussagen der überspitzten Darstellungen der Realität entsprechen. Die Energiewende von unten kann nicht stattfinden. Das sagst du ja auch selbst. Wenn es die Regularien erlauben würden, würden sich viel mehr Leute eine Stecker-PV kaufen und damit die Energiewende voranbringen.
Punkt 5: “Tropfen auf den heißen Stein”:
In dem Punkt bin ich voll deiner Meinung. Mit Stecker-PV kann nicht die Welt gerettet werden. Dazu gehört noch so viel mehr. Aber es ist ein Beispiel, wie auch Mieter an der Energiewende teilhaben können. Welt retten geht halt nicht nur von oben herab. Es muss jeder mitmachen, damit sich viele kleine Stücke zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Und Stecker-PV ist da ein winziger Beitrag, der aber immernoch mehr bringt, als nichts zu tun und auf die großen Retter in der Politik zu warten. Aber das führt jetzt zu einer Grundsatzdiskussion, die ich hier nicht anstoßen möchte.
Es freut mich, dass mein Blogartikel dich derart mitgerissen hat, dass du dir die Zeit genommen hast, einen sehr ausführlichen Kommentar zu hinterlassen. Das zeigt mir, dass ich mit dem Thema scheinbar einen Nerv getroffen habe 😉